Schweizer Studie zu Veteranenfahrzeugen

Veteranen-Studie bringt Klarheit

Der Dachverband für historische Fahrzeuge SHVF (Swiss Historic Vehicle Federation) hat am 2. Juli die Ergebnisse einer Studie zur Bedeutung des historischen Fahrzeugs in der Schweiz vorgestellt.

Veröffentlicht am 02.07.2020

Bernhard Taeschler, Präsident des SHVF, präsentierte am 2. Juli die Ergebnisse der 2019 vom Schweizer Dachverband für historische Fahrzeuge lancierten Studie. Vorbild war ein ähnliches Projekt in Österreich. Ziel ist es, die Dimensionen, Befindlichkeiten und sozioökonomischen Belange rund um historische Fahrzeuge hierzulande ans Licht zu bringen. Vor dem Hintergrund möglicher Fahrbeschränkungen und Erschwernisse gilt es, dagegen eine transparente Faktenlage zu schaffen.

Professionelles Verfahren

GIM Suisse führte die Studie auf Basis von 420 Befragungen unter soziografisch korrekt ausgewählten Probanden (über 18—jährig 50/50 Männer/Frauen, Deutschschweiz und Romandie). Auf die Fragestellung zur Wahrnehmung historischer Fahrzeuge und dem persönlichen Bezug dazu zeigten sich die Ergebnisse durchweg positiv:
92% finden Veteranenfahrzeuge etwas Besonderes und 89% sehen sie als Kulturgut, das erhalten werden muss. 84% der Befragten sind historische Fahrzeuge sympathisch. Nur gerade 9% der Befragten möchte die alten Fahrzeuge lieber verschrottet sehen oder zumindest stillgelegt.

Grosse Resonanz

Auch die Besitzerinnen und Besitzer selber wurden befragt: der Rücklauf an Fragebögen hat die Organisatoren überwältigt. Durch rund 250 Clubs und die Fachmedien verteilt, betrug der Rücklauf über 3600 auswertbare Fragebögen. Dabei wurden einige Vermutungen klar bestätigt: 96% der Veteranenbesitzer sind männlich und zwischen 57 und 70 Jahre alt. Mit einem Einkommen von 6000 Franken liegt dieses über dem Schweizerischen Durchschnitt. 77% der Einsender waren Mitglied in einem oder mehreren Clubs. Laut Angaben des Registers IVZ Fahrzeuge sind 156'209 Fahrzeuge in der Schweiz als Veteran eingelöst. Hinzu kommen Fahrzeuge, die nicht unter dem Veteranenstatus  unterwegs sind, oder aber stillgelegt. Rund 7.7 Milliarden Marktwert werden dafür genannt, dies unter Ausschluss einiger der grössten Schweizer Fahrzeugsammlungen. Das ergibt einen Durchschnittspreis von 63'000 Franken pro Auto und 20'500 Franken pro Motorrad.
Die Schweizer Veteranenfahrzege – Autos, Motorräder, Nutzfahrzeuge und Landwirtschaftliche Strassenfahrzeuge sind auf rund 53'000 Fahrzeughalter verteilt.

Geringe Jahresfahrleistungen

Gemäss dem Code 180, dem eingetragenen Veteranenstatus um Fahrzeugausweis, ist die Jahresfahrleistung auf 3000 Kilometer beschränkt. Diese Grösse erreicht der Durchschnitt aller Veteranenfahrzeuge aber bei Weitem nicht. Nur gerade 790 Kilometer stehen nach einer Saison im Schnitt neu auf dem Zähler, bei Motorrädern sind es gar nur 350 Kilometer. Damit lässt sich sagen, dass viele Fahrzeuge nur gerade an einigen schönen Wochenenden im Jahr in den Verkehr gebracht werden.

Ein Sonderfall

Auch zur Zusammensetzung des Fahrzeugparks in Bezug auf die Herkunft und Markenvielfalt liefert die Studie schlüssige Antworten. Auch hier wird bestätigt, was die erlebte Realität – etwa an einem grösseren Klassik-Anlass – vermuten lässt: Schweizer Veteranenfahrzeuge sind sehr vielfältig.
Aber auch hier gibt es natürlich Favoriten: MG ist mit 9% die Marke, welche am häufigsten in einer Sammlergarage zu finden ist, vor Jaguar, Porsche und Mercedes. Beliebtester Typ ist somit der MG B. Über alles gesehen bildet aber VW die grösste Gruppe an Fahrzeugen im Alter über 30 Jahren, davon sind aber viele Fahrzeuge noch im Alltagsgebrauch.
Signifikant neben den gängigen Marken ist der Anteil von Fahrzeugen, die unter «andere Marken» genannt wurden. Er liegt bei 43%.

Marktgrösse und Potenziale

836 Millionen Franken werden in der Schweiz durch das historische Fahrzeug umgesetzt, wie die Umfrage unter 53 Fachbetrieben ergab. Pro einzelnes Auto resultiert daraus ein direkter Aufwand von rund 5000 Franken, davon etwa die Hälfte für Reparaturen und Restaurationen in einer professionellen Garage – rund die Hälfte dieses Aufwands ist für ein Motorrad fällig.
Knapp 50% aller Veteranen sind Vollkaskoversichert.
Ein überraschendes Ergebnis lieferte die Frage nach den Zusatzausgaben. Über 1231 Franken fliessen pro Besitzer an die Hotellerie und in Gastrobetriebe – Klassik-Enthusiasten sind Geniesser. Für Events sind es zusätzliche 775 Franken.
Auch der Medienkonsum fällt überdurchschnittlich aus: 200 Franken jährlich gibt der Durchschnitt für Bücher aus, 188.50 für Magazine und 117.40 Franken für On-Line-Abos.

Zukunftshoffnung Youngtimer

Youngtimer bergen viel Potenzial. Sie sind die Grundlage dafür, dass das Interesse für historische Fahrzeug auch in Zukunft gewahrt bleibt.
Der durchschnittliche Besitzer, auch hier liegt der Männeranteil bei über 95%, ist 58 Jahre alt. Doch bei den 20 bis 25 Jahre alten Autos nutzen 64 % diese noch immer im Alltag und besitzen auch nur dieses eine. Nur gerade 23% Prozent der Youngtimer-Besitzer sind jünger als 50 Jahre. Hier liegt noch viel Potenzial brach, womit das Andenken an den Individuellen Strassenverkehr für künftige Generationen gesichert werden kann.

Eine weitere Gruppe denen vermehrte Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte sind die Frauen. Laut Befragung der Clubs beträgt ihr Anteil hier 18%, aber nur 5% nennen ein Fahrzeug ihr eigen. Aber auch unter ihnen macht eine jüngere Generation Hoffnung. Allerdings stehen für eine Erhöhung des Frauenanteils womöglich die männerlastigen Strukturen im Weg, oder anders ausgedrückt: Jüngere Autoliebhaberinnen wollen sich nicht organisieren und bleiben der Szene fern.

Politische Bedeutung

Als Werkzeug, um in künftigen Diskussionen Argumente mit schlagkräftige Fakten zu untermauern, so sieht SHVF Präsident Bernhard Taeschler die Studie. Breit gestreut soll sie bei den Parlamentariern, Regierungs- und Verbandsvertretern die Belange des historischen Automobils bewusst machen. Dabei braucht es seitens der Institutionen und Behörden gar nicht viel: Die 53'000 Besitzer unterhalten ihre 179'000 historischen Autos, Motorräder, Last- und Landwirtschaftsfahrzeuge auf eigene Rechnung und pflegen einen Kulturgüterschatz in der Grössenordnung von 7.7 Milliarden Franken. Und ganz nebenbei machen sie damit über 3.2 Millionen Schweizerinnen und Schweizern eine Freude damit. Zugleich  beträgt aber der Anteil der historischen Fahrzeuge am Verkehr nur gerade 0.1% der Jahres-Gesamtfahrleistung – eine Marginalie.

Vor diesem Hintergrund muss man tatsächlich die Idee von Fahrverbotszonen und Sonntagsfahrverboten überdenken. Ein kleiner Teilerfolg hat der SHVF übrigens schon erreicht: Künftig  sind historische Lastwagen mit Veteranenstatus vom Sonntagsfahrverbot befreit. Die Besucher entsprechender Treffen und die Liebhaber der vergangenen Schweizer Verkehrs- und Industriegeschichte wird es freuen...

Die Studie steht auf der Website des SHVF zum Download bereit:

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