US-Car des Monats

Marmon Sixteen - eine technische Meisterleistung

Es gibt da so schöne Kapitel in der Automobil-Geschichte, die kennt heute kaum mehr jemand. Die amerikanischen 16-Zylinder gehören dazu - und zwei spannende Protagonisten, Cadillac und Marmon. Widmen wir uns doch zuerst einmal der unterdessen leider unbekannten Marke Marmon.

Veröffentlicht am 12.10.2021

Es waren schwierige Jahre, damals, Anfang der 30er. Die «great depression» wirkte noch nach, vor allem die Luxus-Hersteller hatten es alles andere als einfach, ihre Fahrzeuge zu verkaufen. Und doch verlangte der Markt nach immer mehr, immer besser. Das Rennen ganz oben fand statt zwischen Cadillac, Lincoln, Packard – und Marmon. Eine Marke, die heute vollkommen vergessen ist, aber damals zu den grossartigsten Herstellern zählte, mit dem V16 einen der aussergewöhnlichsten Motoren aller Zeiten konstruierte.

Der Marmon-16-Zylinder war eine technische Meisterleistung: Wie der Cadillac-V16 besass er hängende Ventile und im Winkel von 45 Grad angeordnete Zylinderreihen. Mit 8040 cm3 Hubraum und 200 PS war er aber sowohl grösser als auch stärker als sein Konkurrent. Ausserdem bestanden Motorblock, Kurbelgehäuse, Ansaugkrümmer, Ölwanne, Zylinderköpfe und das Schwungradgehäuse aus Aluminium, so dass das Triebwerk ausserordentlich leicht war. Mit 6:1 besass der Marmon auch die höchste Kompression aller damaligen amerikanischen Motoren.

Marmon Sixteen - so teuer wie ein Haus

Obwohl sich Marmon alle Mühe gab, konnte man Cadillac nicht das Wasser reichen. Der schöne Aluminium-Motor war schon materialbedingt lauter als die Nacker-Konstruktion, ausserdem verfügte er weder über hydraulische Ventildämpfer noch über eine mit Gegengewichten ausbalancierte Kurbelwelle. Dank seines geringeren Gewichts und seiner höheren Leistung waren die Marmon selbstverständlich schneller als der Cadillac, doch die Unterschiede waren so minim, dass sie wohl nur wenige potentielle Kunden beeindrucken konnten.

Die Karosserien wurden von Walter Dorwin Teague entworfen und bei LeBaron gebaut. Alle acht Karosserievarianten sahen sehr attraktiv aus, ein schräg abfallender Kühlergrill in V-Form machte den Wagen ausserordentlich elegant. 1931 kosteten die Marmon zwischen 5’200 und 5’470 Dollar – dafür konnte man auch ein Haus kaufen in der Vorstadt.

Marmon Sixteen - nur 390 Stück gebaut

Alllerdings waren die Wagen relativ schlecht verarbeitet, was gerade deshalb wundert, weil die LeBaron sonst von mustergültiger Qualität waren. Trotz der verhältnismässig günstigen Preise (die Cadillac waren deutlich teurer), blieb so das Interesse am Marmon Sixteen gering, nur 390 Exemplare konnten während der dreijährigen Produktionszeit verkauft werden.

Folglich kommen sie auch nicht oft auf den Markt, die Marmon. Und sind, weil nicht ganz so einfach im Unterhalt, relativ günstig. Einzig das blau-weisse Coupé von 1931 erzielte bisher einen siebenstelligen Betrag. Weitere «US-Car des Monats»: Cadillac Eldorado Brougham, Shelby Mustang GT350.

Text: Peter Ruch; Photos: RM Sotheby's

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