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Lotus Eletre - alles beginnt von vorne

Lotus steht wieder einmal vor dem grossen Aufbruch. Strom ist jetzt die Lebensader, ein mächtiges und doch sportliches SUV ist der erste Botschafter der Wiedergeburt.

Veröffentlicht am 31.03.2022

Ein dunkles Studio am Rande von Amsterdam. Vor uns steht ein handgefertigtes ”Vorserienfahrzeug". Der Lotus Eletre, E-Auto, SUV - und eben: Lotus. Wir müssen uns zuerst darüber klar werden, dass es sich um ein 5,1 Meter langen und über zwei Meter breites Gefährt handelt. Und das von einen Unternehmen, das in seiner 70-jährigen Geschichte nichts anderes als kleine, leichte, zweitürige Sportwagen gebaut hat. (Ja, Lotus hat auch einige wenige viertürige Autos konstruiert, aber wir ignorieren die Konzeptfahrzeuge (Eminence, Eterne) oder Autos, die von anderen Marken hergestellt wurden, aber als Lotus gebrandmarkt sind (Opel)).

Ausgewogene Proportionen

Die Karosserie besteht zu einem grossen Teil aus Aluminium, aber auch Kohlefasern spielt eine wichtige optische Rolle. Die Designdetails zeigen gewisse Bezüge zum klassischen Lotus-Design, aber auch viel Neues. Die neue Baukunst für Elektroautos erlaubt viele Freiheiten. Der Eletre hat einen Radstand von drei Metern, deshalb sieht er kompakter aus als seine Abmessungen erwarten lassen würden. Die grossen 23-Zoll-Räder wirken sich auch auf die Proportionen aus. Die Nase und das Heck sind schön abgerundet und die Überhänge moderat. Dadurch werden auch die Grössenverhältnisse verwischt.

Die Linien der Flanken spielen schön mit Licht und Schatten, mit konvexen und konkaven Formen. Die Profil wirkt leicht, obwohl die Schulterlinie SUV-typisch recht hoch ist. Es gibt keine Seitenspiegel, die durch kleine Kameras ersetzt werden. Das dunkle Dach erzeugt die optische Illusion einer steil abfallenden Dachlinie. Und das Heck ist der optisch beeindruckendste Teil des Fahrzeugs: Die Heckscheibe ist tatsächlich schräg, und das Heck sieht so aus, als ob der Elete über eine zweite Frontmaske verfügt. Die Rückleuchten formieren dort ein schön kohärentes Element. Die Dachlinie setzt sich noch über die Heckscheibe fort und bildet eine Art schwebenden Heckflügel.

Umweltfreundlich

Da es sich noch um ein handgefertigtes Auto handelt, können wir leider keine Sitztprobe machen. Doch die Türen öffnen sich und wir können den gesamten Innenraum fotografieren. Zu den Materialien gehören Mikrofasern, Gewebe auf Wollbasis und Karbonfasern. Die Wirkung ist luftig und edel. Dieser Wagen verfügt über zwei Einzelsitze im Fond, der Lotus wird aber auch als mit einer durchgehenden Rückbank erhältlich sein. Die Fondpassagiere erhalten ihren eigenen 9-Zoll-Touchscreen zwischen den Sitzen. Klaustrophobie brauchen sie nicht zu haben.

Hinter dem quadratischen Lenkrad befindet sich eine kleine, weniger als drei Zentimeter hohe Instrumententafel, auf der nur die wichtigsten Informationen angezeigt werden. Diese Anzeige wird auch auf der Beifahrerseite wiederholt. Alle anderen Informationen sind auf dem 15,1-Zoll-Touchscreen in der Mitte des Armaturenbretts zu finden, dessen Neigung verstellbar ist. Unter dem grossen Bildschirm befinden sich ausserdem einige Tasten für die wichtigsten Funktionen. Natürlich sind auch Sprachbefehle möglich.

Lass es fliessen

Die Aerodynamik spielt beim Karosseriedesign der heutigen Autos eine grosse Rolle, und auch der Eletre zeigt viele neuen Innovationen. Die Luft wird zum Beispiel durch Lufteinlässe an der Vorderseite angesaugt und entlang der Seiten nach hinten und durch in die C-Säule integrierte Luftleitbleche direkt zum Heck des Fahrzeugs geleitet. All dies bedeutet wahrscheinlich auch einen niedrigen Luftwiderstandsbeiwert, der sich direkt auf den Kraftstoffverbrauch auswirkt.

Unter dem Auto befindet sich eine neue Plattform, bezeichnet als SEA, auf der auch die nächste drei neuen E-Lotus, die in den nächsten vier Jahren kommen, aufgebaut sein werden (Lotus rechnet damit, in einigen Jahren 100’000 Fahrzeuge pro Jahr zu verkaufen). Und die Technik ist beeindruckend. Autonomiestufe 4 bedeutet beispielsweise, dass dieser Engländer bereits die meisten Fahraufgaben völlig autonom erledigen könnte. Aber wenn es um Elektroautos geht, sind Aufladung und Reichweite wichtige Kriterien. In 20 Minuten soll er Saft für 400 Kilometer «tanken», was für eine durchschnittliche Ladeleistung von knapp über 200 kW sprechen würde: die Reichweite sollte rund 600 Kilometern betragen. Das Batterie hat eine Kapazität von über 100 kWh, selbstverständlich ist auch ein 800-Volt-Bordnetz in Betrieb. Die Elektromotoren – einer für jede Achse – haben zusammen eine Leistung von 600 PS, die über alle vier Räder auf die Strasse übertragen wird. Eletre soll die 100 km/h in weniger als drei Sekunden erreichen.

Made in Britain – kind of

Lotus hat eine lange britische Tradition. Lotus freut sich also, sagen zu können, dass das Auto britisch ist. Die Entwicklungsrichtlinien und -details wurden in Hethel, Norfolk, festgelegt – der Heimat von Lotus seit 1966. Die Technologie wird natürlich von der Muttergesellschaft Geely in China, und von Volvo, das jetzt ebenfalls unter den Fittichen von Geely steht, unterstützt. Auch auf deutsches Know-how wurde zurückgegriffen. Die Entwicklung des Antriebsstrangs und der Batterien wurde von der Lotus Technology Unit in Wuhan durchgeführt. Auch die Autos werden dort in einer neuen Fabrik hergestellt. Das Gesamtpaket wurde von der deutschen Innovationsabteilung von Lotus in Raunheim bei Frankfurt getestet. Göteborg hingegen ist verantwortlich, dass die Stromflüsse im Auto so gut und effizient wie möglich funktionieren.

Der Verkauf des Eletre beginnt Anfang 2023, aber es ist nicht geplant, ein grosses Vertriebsnetz aufzubauen, die Kunden sollen online bestellen. Europaweit werden trotzdem rund 100 Händler eröffnet.

Text/Fotos: Vesa Eskola

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