Test

Skoda Enyaq Coupé RS iV - Billig war mal

Der Enyaq Coupé RS iV scheint mit auffälligem Kleid und hohem Preis gegen klassische Markenwerte zu verstossen. Ist Skodas erster Elektro-RS sein Geld wert? Wir haben es getestet.

Veröffentlicht am 08.01.2023

Satte 64 890 Franken. So viel kostet der Skoda Enyaq Coupé RS iV mindestens, im Testwagentrim sind es sogar 68 990 Franken. Normalerweise beginnen wir nicht mit dem Preis. Aber vor dem Hintergrund, dass die Tschechen vielen noch als preiswertere VW-Alternative bekannt sind, sticht die Zahl dann doch hervor. Also haben wir Skodas erstes vollelektrisches RS-Modell zum Test gebeten und gecheckt, was man für sein Geld bekommt.

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Zunächst einmal enorm viel Auto. Die 4,65 Meter Länge und 1,88 Meter Breite wirken auf dem Papier kleiner, als sie es im realen Vergleich mit anderen Autos sind. Auch das Styling ist alles andere als zurückhaltend. Gerade in grellem Mambagrün, bestückt mit den grossen 21-Zoll-Felgen und der discoähnlich beleuchteten Frontmaske, macht das SUV-Coupé richtig was her. «Was? Das ist ein Skoda?» haben wir mehr als einmal gehört. Geschmackssache, aber wir finden: Der sieht spitze aus!


Schicke Optik, viel Platz dahinter. Nur 15 Liter weniger fasst das Coupé im Gegensatz zu seinem
herkömmlich gestylten Bruder. Die Ladehöhe ist natürlich deutlich niedriger.

Wer jetzt befürchtet, die abfallende Dachlinie kostet Platz, liegt falsch. Klar, sie raubt etwas Ladehöhe, aber die 570 Liter Stauvolumen liegen nur 15 Liter hinter dem SUV. Und in Reihe zwei finden selbst grosse Erwachsene viel Platz für Kopf und Knie. Clevere Lösungen wie eine Schutzkappe im Ladeklappendeckel für den Stromanschluss, eine Tragetasche fürs Kabel oder ein herausnehmbares Ablagefach im Fondfussraum sind typisch Skoda – eben simply clever. Wer trotzdem noch mehr Praktikabilität braucht: Den Enyaq RS iV gibt es auch mit "herkömmlicher" Karosserieform.

Im Cockpit ginge mehr

Beim Thema Cockpit herrschen viel Licht, aber auch viel Schatten. Einerseits gefällt es mit seiner klaren Gliederung und hübschen Details wie den frei stehenden Türgriffen. Mikrofaserbezüge, perforiertes Leder, grellgrüne Ziernähte und RS-Logos verströmen sportliches Flair. Und das serienmässige Glasdach sorgt für ein luftiges Ambiente. Auch die Verarbeitung ist wirklich gut.


Das Cockpit wirkt auf den ersten Blick hochwertig. Im Detail präsentieren sich dann einige billig
wirkende Materialien. Aber immer noch besser als der Konzernbruder ID.4/ID.5.

Auf der anderen Seite dringen deutliche Sparmassnahmen durch. So findet sich zu viel billiges Hartplastik im fühl- und sichtbaren Bereich, das teils unschön entgratet ist. Zudem ist der Karosserielack in den unverkleideten Türholmen sichtbar. Schade, denn mit Glanzlichtern wie dem sauber verarbeiteten Lenkrad mit wertig und satt zu bedienenden Drehwalzen zeigt Skoda, dass man es eigentlich besser kann.

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft das langsame Infotainment. Es dauerte in unserem Testwagen teils mehrere Sekunden, bis ein Menü vollständig geladen war. Immerhin ist der Bildschirm gross und die Auflösung gut, die Menüführung verständlicher als beispielsweise bei den Plattformgeschwistern  ID.4 und ID.5 von VW.

Verblüffender Verbrauch

Voll zu überzeugen weiss der RS-Enyaq dann beim Fahren. Mit seinen 299 PS und 460 Nm Drehmoment ist immer genug Schub da. Der Allrad wirkt durchdrehenden Rädern beim Ampelstart entgegen. Der E-Auto-typisch tiefe Schwerpunkt sorgt in Verbindung mit der tiefergelegten Karosserie für wenig Wankbewegungen in Kurven, wobei die gut 2,3 Tonnen zeitig nach aussen drücken. Echte Sportgefühle kommen nie wirklich auf. Dafür bügelt die Masse zuverlässig Bodenunebenheiten glatt, was dem Komfort zugutekommt.


Wie Skoda das mit dem niedrigen Verbrauch hinbekommen hat, ist uns ein Rätsel.

Hervorragend: Mit 16,7 kWh/100 km Verbrauch unterbot der Enyaq auf unserer auf Sparsamkeit ausgelegten Normrunde hauchdünn die Werksangabe von 16,8 kWh/100 km. So sind im Alltag locker 450 Kilometer am Stück zu erreichen. Das ist auch gut so, denn die Ladeströme von 11 kW bei Wechsel- und 135 kW bei Gleichstrom sind eher mau. Da bieten Hyundai Ioniq 5 & Co. mehr.

Tolle Fahrhilfen, aber …

Wirklich wohl fühlt sich der Enyaq RS auf der Autobahn. Bequeme Sitze sowie minimale Wind- und Abrollgeräusche machen längere Fahrten zum Kinderspiel. Ein Lob verdienen auch die animierten Fahrhilfen im – leider optionalen – Head-up-Display. Sie zeigen Fahrbahnmarkierungen und den Abstand vorausfahrender Autos an, was gerade bei Regen oder Dunkelheit eine echte Hilfe ist.


Sitzposition und Fahrkomfort passen hervorragend. Im Enyaq lassen sich problemlos weite
Strecken abreissen.

Ganz im Gegensatz zum Adaptivtempomat mit Verkehrsschilderkennung. Der erkannte bei 120 km/h regelmässig nicht vorhandene Tempolimits und bremste rüde auf die vermeintlich geltende Geschwindigkeit herunter. Hier muss Skoda noch einmal ran.

Kein echter Sportler

Unter dem Strich ist der Skoda Enyaq Coupé RS iV mehr ein gut ausgestattetes Topmodell mit einem zarten Hauch Sportlichkeit als ein echter Dynamiker. Das dürfte der Kundschaft aber zupasskommen. Sie kriegt dafür ein richtig fähiges Langstreckenauto mit viel Platz, viel Style und einer Extraportion Power. Angesichts der ziemlich niedrigen Ladeleistung und der Detailschwächen im Cockpit erscheint uns der Preis aber dennoch zu hoch.

Fazit

Im Grunde ist der Skoda Enyaq RS ein praktisches, wirklich fähiges, wenn auch nicht sonderlich sportliches Auto. Für den Preis gibt es aber ein paar Einschränkungen zu viel.

Technische Daten

 

Skoda Enyaq Coupé RS iV
Preis: ab 64 320 Franken

Preis Testwagen: 68 990 Franken

Motor und Antrieb
Asynchronmaschine (vorne), Permanentmagnet-Synchronmaschine (hinten)
Leistung: 220 kW (299 PS)
Drehmoment: 460 Nm Drehmoment

Antrieb: Allrad

Akku: Lithium-Ionen, 82 kWh (brutto)

Ladeleistung: AC 11 kW, DC 135 kW (max.)


Fahrleistungen (Werk)
0–100 km/h: 6,5 s

Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h (limitiert)

 

Verbrauch/Reichweite
Test: 17,8 kWh/100 km
ai-Runde: 16,7 kWh/100 km

Werk (WLTP): 16,8 kWh/100 km
CO2 (Werk): 0 g/km

Effizienzkategorie: A

Reichweite (Test): 432 km

Reichweite (Werk): 521 km

 

Ladezeiten
11 kW/max. 135 kW (Werk): 450/35 min

 

Fahrwerk
Schraubenfedern vorne und hinten, adaptive Dämpfer (optional), Scheibenbremsen vorne (innenbelüftet), Trommelbremsen hinten.
 
Masse und Gewichte
Länge/Breite/Höhe: 4653/1879/1607 mm
Radstand: 2768 mm
Leergewicht (Werk/Testwagen): 2255/2338 kg.


Innenraumgeräusch (ai-Messwerte)
Bei 50 km/h: 52,9 dB(A)
Bei 80 km/h: 58,0 dB(A)
Bei 120 km/h: 61,5 dB(A)

Text: Moritz Doka
Bilder: Markus Kunz

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