Kurztest

Alfa Romeo Stelvio 2.2 Diesel Q4 – Der rauhe Feine

Mit dem Alfa Romeo Stelvio 2.2 Diesel haben die Italiener nicht nur ein für die Verkäufe so wichtiges SUV im Programm, sondern zudem einen in diesem Segment unverzichtbaren Dieselmotor. Wie gehen zwei Dinge zusammen, die der Marke nicht gegensätzlicher sein könnten?

Veröffentlicht am 10.12.2021

Der Überblick:

Pro:

• Fantastische Lenkung
• Feinnerviges Fahrgefühl
• Starker Motor
• Geschmackvolles Design

Contra:

• Fahrwerk nicht immer besonders nachgiebig
• Interieur wirkt nicht mehr taufrisch

Es musste einfach sein. Auch Alfa Romeo konnte sich dem Trend nicht erwehren und sprang auf den SUV-Zug auf. Zwar erst 2017, also mit reichlich Verspätung, dafür aber mit der bereits bei der Giulia hochgelobten Giorgio-Plattform. Wie sich der Alfa Romeo Stelvio 2.2 Diesel Q4 im Alltag schlägt, musste er in unserem Kurztest beweisen.

Soviel vorab: Er ist überraschend klar ein Alfa geblieben. Ob das viele Kunden allerdings überhaupt wahrnehmen – oder gar: schätzen – bleibt allerdings fraglich. Wir waren in mancher Situation positiv überrascht, denn der Stelvio zaubert nicht selten ein Lächeln aufs Gesicht.


Design: Der grosse Schöne, vor allem in einer klassischen Farbkombination

Ein selbstbewusstes Scudetto, flankiert von grossen Lufteinlässen klären die Markenzugehörigkeit schon an der Front ohne den geringsten Zweifel. An der Seite dann klassisches Wählscheiben-Design an den Felgen, dahinter mächtige Brembo-Stopper. Die Fensterlinie ist edel verchromt und wirkt wunderbar elegant für ein SUV dieser Grösse.

Überhaupt wirkt nichts am Alfa Romeo Stelvio plump, das Design ist edel und grazil. Vielleicht kann man sich an den arg üppig dimensionierten Chromblenden der Auspuffanlage stören. Aber ins Gesamtarrangement fügen auch sie sich gut ein. Eine wunderbare Idee ist auch den Stelvio nicht im ewigen Leasing-Silber und auch nicht in Alfa-Rot zu kaufen, sondern stattdessen mal ein Grün oder das Testwagen-Blau zu probieren. Denn eine klassische Farbe steht dem grossen Italiener wunderbar.


Innenraum: Leder-Luxus in etwas angegrauter Umgebung

Mit Leder können sie umgehen, das muss man ihnen lassen. Gerade der Trüffel-Farbton des Testwagens ist in Kombination mit der Aussenlackierung ein besonderer Hingucker. Von der Verarbeitung über die Haptik, ja sogar bin hin zum Geruch: Es könnte besser nicht sein.

Vor allem aber tröstet das edle Ambiente im Inneren des Alfa Romeo Stelvio 2.2 Diesel Q4 ein wenig über das angegraute Layout hinweg. Das Infotainmentsystem ist nur nur recht umständlich zu bedienen, sein Funktionsumfang ist auch bei weitem nicht mehr auf der Höhe der Konkurrenz. Dafür sind die feststehenden Paddel der Lenkradschaltung ein haptischer Genuss. Man muss manchmal wohl auch einfach Prioritäten setzen.

Dies gilt überraschenderweise auch für das Platzangebot. Denn entgegen der Annahme, dass man bei Alfa der Form wegen den Raum eingeschränkt hat, wird man vor allem im Fond positiv überrascht. Hier passt nicht nur die Ellebogenfreiheit, sondern auch der Platz über dem Kopf. Im Ergebnis sitzt man in beiden Reihen sehr kommod, auch auf langen Strecken.


Technik: Der Alfa Romeo Stelvio 2.2 Diesel Q4 ist ein braver Souverän

Auf den ersten Blick wirkt der Stelvio als Diesel nicht besonders aufregend. Auch auf den Zweiten nicht. Denn im Gegensatz zu seinem feuerspuckenden Bruder QV, dessen über 500PS starker und von Ferrari konstruierter V6-Biturbo jederzeit das Geschehen bestimmt, ist der 2.2-Liter-Vierzylinder-Diesel eher ein braver Geselle.

Zwar ist er mit seinen 210PS und 470Nm nominal auch nicht schwach auf der Brust, doch sein Gemüt ist wenig temperamentvoll. Immerhin ist er technisch das feinste Stück der Fiat Pratola Serra-Motorenfamilie, denn er ist der einzige Selbstzünder mit einem Leichtbau-Aluminium-Kurbelgehäuse.

Gepaart ist der Diesel immer mit einem Achtgang-Automatik-Getriebe und dem permanenten Q4-Allradantrieb. Beide zeichnen sich ebenfalls nicht durch besondere Auffälligkeiten aus, sondern verrichten ihren Dienst brav im Hintergrund.


Fahrdynamik: In manchen Situationen blitzt das Talent auf

Man darf sich angesichts des eher zurückhaltenden Naturells des Alfa Romeo Stelvio 2.2 Diesel nicht verladen lassen. Denn: Wer die richtigen Eingaben macht, der wird positiv überrascht werden. Allein der feine Klick der Aluminium-Schaltpaddel am Lenkrad ist ein Genuss. In der manuellen Gasse festgehalten dreht auch der 210PS-Motor zu völlig ungekannter Arbeitswilligkeit auf.

Doch die grösste Überraschung wartet bei der Querdynamik. Die Art und Weise mit der die Lenkung zwischen Fahrer und Fahrbahn vermittelt ist bemerkenswert. Für einen SUV kann es schon als nervös gelten, auf jeden Fall aber ist die Umsetzung sehr gut gelöst. Denn wenn man nicht mehr nur im Alltag von A nach B unterwegs ist, sondern den Alfa Romeo Stelvio wirklich zu fahren beginnt, dann zeigt er ein völlig anderes Gesicht.

Plötzlich ist seine italienische Abstammung völlig klar, plötzlich vergisst man in einem SUV zu sitzen, plötzlich vergisst man den drögen Dieselmotor. Denn in der manuellen Schaltgasse, im Sport-Modus von Motor und Lenkung, transformiert sich der Stelvio zu einem Fahrerauto, wie man es nicht für möglich gehalten hätte.


Fahrkomfort: Die offene Reise kann nicht lang genug sein

Dabei bleibt er natürlich jederzeit auf der komfortablen Seite. Aus einem Stelvio wird nie eine Giulia GTA. Und das ist gut so. Denn der Alfa Romeo Stelvio macht sich gerade durch die Spreizung seines Talents vor allem die diejenigen empfehlenswert, die wissen wie man Auto fährt.

Denn im Alltag bleibt dafür meist weder Zeit noch Raum. Wenn man dann aber doch mal eine freie Landstraße vor sich hat, dann schnupft das italienische SUV selbst die winkligsten Kombinationen mit Freude und Ehrgeiz. Und das macht ihn im dicht bepackten Konkurrenzumfeld zu einer wirklichen Ausnahme.


Fazit:

Der Alfa Romeo Stelvio 2.2 Diesel Q4 ist die logische Konsequenz aus der Nachfrage des Marktes. Es muss ein SUV sein, es muss ein Diesel sein und Allradantrieb natürlich auch. In dieser Mixtur hat es das hinter dem legendären Scudetto auf der Motorhaube noch nie gegeben. Dennoch sitzt das Erstlingswerk. Mehr als das: Der Stelvio präsentiert sich als diskretes Talent, dass mit den richtigen Eingaben zu einem wahren Freudenspender wird.


Technische Daten:

 

Modell: Alfa Romeo Stelvio 2.2 Diesel Q4 Ti
Motor: Reihen-Vierzylinder, 2.143 ccm
Leistung: 157 kW /210 PS (3.500 U/min)
Drehmoment: 470 Nm (1.750 U/min)
Antrieb: Allradantrieb, Achtgang-Automatikgetriebe
Verbrauch kombiniert (WLTP): 5,5 l/100km
CO2-Emissionen kombiniert (WLTP): 143 g/km
Testverbrauch: 7,7 l/100km
Beschleunigung (0 – 100km/h): 6,6 s*
Höchstgeschwindigkeit: 215 km/h*
Abmessungen (L/B/H): 4,68 m/1,90 m/1,68 m
Gewicht: 2.022 kg*
Grundpreis: CHF 71‘990 (Ausstattungsvariante Ti)


*: Werksangaben

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